Historische Notiz

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Über Untersuchungen zur Entstehung des Regenbogens gibt es einen interessanten Briefwechsel zwischen Goethe und Sulpiz Boisserée aus dem Jahr 1832:

Goethe:
… unmittelbare Anschauung ist Not und eigenes Tun und Denken. Schaffen Sie sich also augenblicklich eine hohle Glaskugel a, etwa 5 Zoll, mehr oder weniger im Durchmesser, wie sie Schuster und Schneider überall brauchen, um das Lampenlicht auf den Punkt ihrer Arbeit zu konzentrieren, füllen solche mit Wasser durch das Hälschen und verschließen sie durch den Stöpsel b, stellen sie auf ein festes Gestelle …
Diese Kugel entfernen Sie nicht aus Ihrer Gegenwart, sondern betrachten sie hin- und hergehend beim hellsten Sonnenschein, abends bei Licht; immer werden Sie finden, daß ein gebrochenes Bild an der einen Seite der Kugel sich abspiegelt und so, nach innen gefärbt, sich, wie Sie Ihr Auge nach dem Rande zu bewegen, verengt und, bei nicht ganz deutlichen mittlern Farben, entschieden rot verschwindet. …


Boisserée:
… Beim Sonnen- und Kerzenlicht habe ich bemerkt, daß das hintere Bild sich auch nach der Seite in der Kugel bei h abspiegelt, und daß die Farben erscheinen, wenn man so weit zur Seite schreitet, daß beide Bilder sich (bei g) übereinander schieben, und zwar löst sich die ganze Erscheinung in Rot auf, sobald beide Bilder sich decken; bei fernerem Fortschreiten verschwindet damit das Phänomen.
Es ist offenbar, daß bei dem gewöhnlichen Tageslicht dasselbe vorgeht, nur erscheint hierbei das zweite Spiegelbild h nicht recht deutlich, weil das Fenster ein zu großes Bild macht und daher das zweite Spiegelbild bei diesem Experiment auf der gebogenen Kugelfläche sich in einen unförmlichen Lichtschimmer auflöst. Die Sonnenscheibe und die Kerzenflamme hingegen erscheinen in ganz entschiedenen Bildern. Man sieht das vordere a, welches sich beim Zurseiteschreiten nur wenig bewegt, und die beiden hintern Bilder f und h, welche sich, je nachdem man fortschreitet, gegeneinander bewegen und endlich farbig übereinander schieben, bis sie sich gänzlich decken und rot verschwinden.

Genug, ich habe mich mit der Glaskugel vielfältig befreundet und erkenne darin einen sehr belehrenden Repräsentanten des Regentropfens, so daß die Gedanken nun schon zum Regenbogen eilen. Ich halte sie zurück, um Ihrer Belehrung nicht vorzugreifen, die mir erst die gehörige Sicherheit zum Weiterschreiten geben oder mir zeigen wird, daß ich auf dem Weg des Irrtums bin. Es wird mich unendlich freuen, wenn Sie mich über diese wunderbar anziehende Naturerscheinung einmal zur Klarheit bringen.

Boisserée hat genauer beobachtet als Goethe und war ganz nahe daran, die Erscheinung richtig zu verstehen, aber dies trägt ihm eine Zurechtweisung des Meisters ein, der ihm vorschreibt, was er gefälligst zu sehen und zu beachten habe.

Was hat Boisserée gesehen?

Betrachtet man eine von vorne von einer Kerze beschienene "Schusterkugel" (wassergefüllte Glasvase) etwas von der Seite, so erscheint nahe dem Rand ein zweites Spiegelbild der Kerzenflamme an der Rückseite der Kugel. Das Spiegelbild der Flamme an der Vorderseite der Kugel sieht man rechts unter dem Reflex des schrägen Fensters. Bewegt man sich noch weiter zur Seite, so bewegen sich die beiden Spiegelbilder aufeinander zu, werden größer und damit heller, entwickeln dabei farbige Ränder, fließen zusammen, werden schließlich rot und verschwinden dann.

Was hat noch gefehlt?

Alle sonnenbeschienenen Regentropfen, die ein Beobachter unter einem Winkel von 42º bis 42,5º zum Gegenpunkt der Sonne sieht, zeigen ihm ein winziges, rot funkelndes Lichtpünktchen und bilden in ihrer Gesamtheit den roten äußeren Rand des Regenbogens. Unter kleineren Winkeln mischen sich die Farben der winzigen bunten Reflexe zu den anderen Regenbogenfarben.



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