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Kritik an Küppers' Farbenlehre

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Harald Küppers, ein Mann aus der Praxis des Druckens und der Repro-Technik, Inhaber mehrerer Patente auf diesem Gebiet, Autor einiger Bücher über Farbe, maßgeblich beteiligt an den DIN-Normen zu Buntdruckverfahren, Träger des Bundesverdienstkreuzes, wird an mehreren Stellen im Netz als große Autorität zitiert; wer sich für Farbe interessiert, findet zahlreiche Webseiten, die Küppers' Farbenlehre zum Gegenstand haben, und zwar insbesondere im Bereich Schule und Lehrerfortbildung. Hier ein Verweis auf   Küppers' eigene Seiten.
Manches, was Sie dort finden, ist richtig und lesenswert, aber bedauerlicherweise eben nicht alles, und einiges haarsträubend falsch.
Die folgenden Zitate stammen von Küppers' Internetseiten und aus dem Buch "Die Logik der Farbe / Theoretische Grundlagen der Farbenlehre" (Callwey Verlag, München, 2. Auflage 1981, ISBN 3 7667 0601 2)

Grundlegende Irrtümer

Küppers vermutete Zapfenempfindlichkeiten Küppers Urfarben
Zum linken Bild schreibt Küppers:
Die Kurven [...] sind ein grobes Schema der Spektralwertkurven, wie sie vermutlich in ähnlicher Weise bei einem farbentüchtigen Normalmenschen vorhanden sind
und zum rechten Bild:
Die 3 Urfarben (Urf) [...] Eine Urfarbe ist die Empfindungskraft, die einem Zapfentyp zugeordnet ist. Sie lässt sich hervorbringen durch intensive, im Maximum liegende Strahlung schmaler Bandbreite.
Wenn zu der Zeit, als Küppers seine Farbenlehre entwickelte, die Grundempfindungskurven der drei Zapfentypen im menschlichen Auge noch völlig unerforscht gewesen wären, dann wären die vermuteten Kurven nicht zu beanstanden. Aber schon damals war die Form dieser Kurven bekannt. Sie sehen (in willkürlichen Einheiten) so aus wie das nebenstehende Bild zeigt.
Der wesentliche Unterschied zu der Küppersschen Vermutung (die in Wahrheit ein felsenfester, auch durch gesicherte Fakten nicht zu erschütternder Glaube ist) ist der große Überlapp der Empfindlichkeiten der p- und der d-Zapfen (die heute oft L- und M-Zapfen genannt werden), sowie der Sachverhalt, dass die für die Farbempfindung "Rot" zuständigen Zapfen im "gelben" Wellenlängenbereich des Spektrums am empfindlichsten sind.

Durch die experimentellen Daten ist auch die Annahme, dass sich die "Urfarben" durch Strahlung im Maximum der Empfindlichkeit anregen lassen, widerlegt. Dann gäbe es nämlich überhaupt kein Rot – diese Urfarbe wäre dann ja Gelb. Ich komme darauf noch zurück.
Die Farbmetrik beruht auf Farbvergleichsmessungen an Spektralfarben mit Hilfe einer größeren Zahl von Versuchspersonen (Guild 1931, Wright 1928), die in der Folgezeit mehrmals überprüft, bestätigt und allenfalls geringfügig korrigiert wurden. Aus den Messungen wurden Spektralwertkurven gewonnen, die von der CIE (Commission Internationale d'Éclairage) als Standard vorgeschlagen und auch als Deutsche Norm (DIN 5033) übernommen wurden.
Ich zitiere aus der Datei Farbmetrik ist die einzige Möglichkeit, Farbe elektronisch zu manipulieren:
Das Schlimme ist nur, dass dem CIE-System, was die Empfindlichkeit der drei Zapfentypen betrifft, willkürliche Annahmen zugrunde liegen, die offenbar mit der Wirklichkeit nicht überein stimmen.
[...]
Küppers ist durch eigene Forschungen zu dem Ergebnis gekommen, dass die Maxima der drei Zapfenempfindlichkeiten nicht dort liegen, wo sie vom CIE-System vermutet werden, sondern bei 448 nm für B (V), bei 518 nm für G und bei 617 nm für R (O).
Das klingt ja unglaublich.

Sind denn alle Menschen farbfehlsichtig?

Da in der Internetpräsentation von Küppers nichts Genaues über seine Forschungen zu finden ist, habe ich mir sein Buch "Die Logik der Farbe" (Callwey Verlag 1976, 2. Auflage 1981) besorgt. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang der Abschnitt "Die Spektralwertkurven", aus dem die folgenden Zitate stammen.
Wir finden in der Abb. 3 die drei "Normspektralwertkurven" aus DIN 5033. Mit "Normspektralwertkurve" sind die Absorptionseigenschaften der drei Zapfentypen in der Netzhaut eines "normalen" Menschen gemeint.
Normspektralwertkurven
Abb. 3   Die Normspektralwertkurven. Ein Betrachter mit diesen Empfindungseigenschaften müßte farbenfehlsichtig sein.
Quelle: Deutsche Norm DIN 5033. November 1964. Blatt 2. Seite 3.
Das ist wieder ein Irrtum Küppers'. Mit Normspektralwertkurven sind nicht die Absorptionseigenschaften der drei Zapfentypen oder deren spektrale Empfindlichkeiten gemeint. Da sich letztere nämlich nicht eindeutig aus den zugrundeliegenden Daten von Normalsichtigen bestimmen lassen, hat man bewusst darauf verzichtet, dies zu tun und hat stattdessen die experimentellen Kurven so transformiert, dass die graphische Darstellung von Farben möglichst einfach wird. Die einfache mathematische Transformation ändert nichts an dem Sachverhalt, dass es sich bei den Normspektralwertkurven um experimentelle Daten handelt, die an einer größeren Zahl von Versuchspersonen mit aufwendigen Apparaturen in sorgfältigen Messungen gewonnenen wurden. Das CIE-System macht keine Annahmen über die Empfindlichkeitskurven der Zapfen.
Noch einmal: Die Grundspektralwertkurven der CIE basieren nicht auf Vermutungen, sondern auf Messungen. Es gibt neuere Messungen an den Sehfarbstoffen selbst, die von Küppers großzügig ignoriert werden, weil sie nicht in sein Schema passen.
Bemerkenswert der folgende Text mit der zugehörigen Abbildung:
In Amerika veröffentlichten zwei unabhängig auf diesem Gebiet arbeitende Forscherteams im Jahre 1964 ihre Ergebnisse. Beiden Teams war es gelungen, Flüssigkeiten aus den drei verschiedenen Zapfentypen der menschlichen Netzhaut zu separieren und deren Absorptionseigenschaften nachzuweisen. Sie gelangten zu weitgehend übereinstimmenden Resultaten. In dem einen Team arbeiteten Ewald F. MacNichol jr. und William B. Marks zusammen, im anderen George Wald und Paul K. Brown. Die vom zuletzt genannten Team finden wir in der Abb. 7.
Goldfischkurven
Abb. 7   Absorptionskurven von separierten Zapfenflüssigkeiten. Ergebnis physiologischer Forschung.
Quelle: Rainer Röhler: Systematische Farbgestaltung. Deutsche Verlagsanstelt, Stuttgart 1969. Seite 9.
Endlich experimentelle Daten. Die Messwerte streuen, aber es ist ganz eindeutig zu sehen, dass drei Absorptionskurven vorliegen, die viel mehr Ähnlichkeit mit den Vermutungen von Küppers (Bild) als mit den aus den Normspektralwertkurven gewonnenen Empfindlichkeitskurven haben (Bild).
Nur: die Ergebnisse physiologischer Forschung wurden nicht an Sehzellen von Menschen (oder Primaten) gewonnen, sondern von Goldfischen! Inzwischen weiß Herr Küppers das auch.

Küppers' eigene Forschungen

Aber wie kommt er auf seine Zahlenwerte von 448 nm, 518 nm und 617 nm? Dazu schreibt er folgendes:
Führt man optische Mischversuche mit Interferenzfiltern einer Bandbreite von 20 nm durch, so kommt man etwa zu den Werten in der letzten Zeile [...] Allerdings wurden diese Mischversuche nicht unter wissenschaftlich abgesicherten Umständen durchgeführt. Zur Verwendung kamen vier leistungsfähige Leitz-Projektoren und Interferenzfilter der Firma Schott. Lichtqualität, Intensitätsunterschiede zwischen den einzelnen Projektoren und Durchlaß-Quantitäten der Filter blieben unberücksichtigt.
Kein Wort, wie das Experiment durchgeführt und ausgewertet wurde und was überhaupt gemessen wurde, nur das Ergebnis, die drei oben genannten Zahlen.
Es ist zu vermuten, dass einfach ausprobiert wurde, mit welchen Filtern unter den gegebenen Versuchsbedingungen durch additive Mischung die Farbe Weiß und die Grundfarben des Druckers (Gelb, Magenta und Cyan) reproduziert werden können, und die Ergebnisse wurden dann fälschlicherweise als Empfindlichkeitsmaxima interpretiert.

Urfarben

Küppers ist nämlich der Meinung, dass die Maxima der Empfindlichkeitskurven bei Lichtwellenlängen liegen müssten, die im Spektrum genau der empfundenen Farbe entsprechen, oder, mit seinen Worten anders ausgedrückt:
Eine Urfarbe [...] läßt sich hervorbringen durch intensive, im Maximum [der Empfindlichkeitskurven] liegende Strahlung schmaler Bandbreite.
Das ist falsch. Die obige Voraussetzung ist zwar für seine folgenden Ausführungen nicht nötig, ist aber wohl der Grund dafür, dass er sich mit den experimentell ermittelten Empfindlichkeitskurven nicht anfreunden kann.
Mit Farbe ist bei Küppers immer die Farbempfindung gemeint, wobei standardisierte Beobachtungsbedingungen vorausgesetzt werden.
Küppers' Urfarben sollen also die den Zapfen-Primärvalenzen zugeordneten Farbempfindungen sein. Er hebt in seiner "Logik der Farbe" mehrfach hervor, dass sich durch additive Mischung mit den drei Urfarben (reine Spektrallichter geringer Bandbreite und großer Intensität) der gesamte Farbenraum reproduzieren lasse. Schön wäre es, aber es ist nicht so.
Wenn die Grundempfindungskurven so aussähen, wie er vermutet, dann wäre es tatsächlich möglich, einen einzelnen Zapfentyp durch einen reellen Farbreiz voll anzuregen ohne dass die anderen beiden ebenfalls angeregt werden.

Rot oder Orangerot?

 Küppers Urfarben

Selbst wenn man annimmt, die Zapfenenpfindlichkeiten sähen so aus wie Küppers meint (Bild oben) – welche Zapfen würden denn angeregt, wenn Licht mit größerer Wellenlänge verwendet würde, als der orange eingezeichnete Balken andeutet? Doch nur die, die für die längsten Wellen empfindlich sind. Wenn man also sicher sein will, nur diesen einen Zapfentyp zu reizen, muss man Licht der längsten, gerade noch sichtbaren Wellenlängen verwenden. Welches ist die zugehörige Farbempfindung? Welche Farbe das langwellige Ende des Spektrums zeigt, kann man mit Hilfe einer klaren Glühbirne (möglichst ohne Reflektor) und einer CD leicht ausprobieren. Rot oder Orangerot?

Grün

Es ist unter normalen Beobachtungsbedingungen nicht möglich, die "Urfarbe" Grün zu realisieren, also die grün-vermittelnde Komponente unseres Farbsinns allein maximal anzuregen. Helles Grün (z.B. an Verkehrsampeln) wirkt immer ein bisschen weißlich, gelblich oder bläulich, dunkles Grün, bei dem unter Umständen wirklich nur die grünempfindlichen Zapfen in der Netzhaut ansprechen, wirkt schwärzlich.

Der Küpperssche Farbraum soll der Raum der Farbempfindungen sein, aufgespannt durch die drei Urfarben, man kann ihn sich als Rhomboeder oder Würfel vorstellen, aber wenn die Urfarben den Zapfen-Primärvalenzen entsprechen, dann enthält ein Teil dieses Rhomboeders oder Würfels "Empfindungen", die nicht durch physikalische Farbreize hervorgerufen werden können.
Wie oben schon gesagt, kann man die für die längsten sichtbaren Wellenlängen empfindlichen p-Zapfen (= L-Zapfen) durch das langwellige Ende des Spektrums selektiv anregen; nur dann werden die d-Zapfen (= M-Zapfen) nicht mit angeregt. Entsprechend wirkt Licht der kürzesten sichtbaren Wellenlängen nur auf die die t-Zapfen (S-Zapfen, S von short). Diese Farbreize sind jedoch für technische Anwendungen nicht geeignet, denn um sie zu erzeugen, wäre hoher Aufwand erforderlich. (Für farbmetrische Zwecke wird dieser Aufwand getrieben: monochromatische Farbreize der Wellenlängen 700 nm, 546,1 nm und 435,8 nm sind die Standards der Farbmetrik. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass man ein gelbliches Rot, "Orangerot", benötigt, wenn man durch Addition von rotem und grünem Licht Gelb erhalten will.)
Es gibt keine Oberflächen mit Farben, die nur einen der drei Zapfentypen allein maximal anregen ohne dass mindestens noch ein zweiter in Aktion tritt, erst recht keine Druck- oder Malfarben. Ein Körper, der nur Licht mit Wellenlängen größer als 650 nm remittiert und alles andere verschluckt erscheint uns nicht rot, sondern dunkel rotbraun.
Aber welches ist die präzise Lage des Bandes [der Urfarbe] im Spektrum und wie breit muß das Band sein? Müssen bzw. können die Bänder der drei Urf gleich breit oder verschieden breit sein?
[...]
Hier haben wir es mit der wichtigsten Frage der Farbenlehre überhaupt zu tun, denn Systeme, die mit falschen Urf arbeiten, können nicht zu absolut richtigen Ergebnissen führen. Man kann sich nicht erklären, warum diese Frage bis heute nicht gelöst wurde. Vielleicht, weil viele Fachexperten nicht erkennen, welches Problem hier existiert?
Vielleicht aber auch, weil die Experten wissen, dass eine Lösung, wie sie Küppers sich vorstellt, unmöglich und durch die experimentellen Daten längst widerlegt ist, siehe auch die Erläuterungen.

Empfindungsarithmetik?

Die Farbmetriker haben aus gutem Grund den Begriff der Farbvalenz eingeführt – eine messbare Größe – und von der Farbempfindung, die vielen schwer zu erfassenden Einflüssen unterliegt und nicht messbar ist, zunächst abgesehen. Mit den Farbvalenzen lässt sich einfach rechnen. Ein Zusammenhang mit Empfindungen wird erst hergestellt, wenn Farbabstände zu beurteilen sind, z.B. im einfachsten Fall bei der Realisierung einer als gleichmäßig abgestuft empfundenen Grauskala. Da zeigt es sich, dass im allgemeinen ein nichtlinearer Zusammenhang zwischen der Abstufung der Farbvalenz und der empfundenen Abstufung besteht.
Das hindert Küppers aber nicht, die einfachen Rechenregeln für Farbvalenzen (Additive Mischung) kurzerhand auf die Empfindungen zu übertragen.
Im nächsten Schritt aber geht es von den Empfindungsquanten zurück aufs Papier – die Empfindungsquanten werden mit der prozentualen Remission der jeweiligen Urfarbe gleichgesetzt, in Wahrheit wird also doch nicht mit Empfindungen gerechnet, sondern im wesentlichen mit Farbvalenzen, die in "Empfindungsquanten" gemessen werden, und die auch genau so normiert werden, wie es in der Farbmetrik üblich ist. Die Konsequenz ist, dass die Rechenregeln für die additive Farbmischung dann wieder gültig sind, die empfindungsmäßige Gleichmäßigkeit von Reihen gleichmäßig abgestufter "Empfindungsquanten" aber wieder verloren geht.
Entsprechend widersprüchlich ist, was Küppers über Abstufungen schreibt. Mal entsprechen die Empfindungsquanten den prozentualen Flächenanteilen auf dem bedruckten Papier, dann wieder den Flächenanteilen auf dem Kopierfilm, und für gleichmäßig empfundene Stufen wird logarithmische Abstufung empfohlen.
Aus der "Logik der Farbe", S. 65 f.:
[...] schneiden wir uns aus einem größeren Halbtonfilm mit einer Dichte von 0.30 kleinere Rechtecke heraus, die wir wie eine Treppe übereinander legen. Wenn wir diesen Packen von übereinandergeschichteten gleichen Graustufen vor einer Lichtquelle in der Durchsicht betrachten, haben wir den Eindruck einer regelmäßigen Grauskala. Die Differenz zwischen den einzelnen Stufen wird als "organisch" angesehen.
Bei einer Dichte von 0.30 wird, wie wir wissen, die Hälfte des auffallenden Lichtes durchgelassen. Das trifft für jede einzelne der übereinanderliegenden Filmschichten erneut zu. [...]
Was ist eine "regelmäßige Grauskala", was heißt "organisch"? Gleichgroß empfundene Stufen können nicht gemeint sein – oder vielleicht doch? In dem Buch "Die Logik der Farbe" jedenfalls führt in der Farbtafel V (deren wesentlichen Inhalt ich rechts in Form einer Tabelle wiedergebe) die Abstufung nach einer geometrischen Folge ("logarithmische Abstufung der Strahlungsintensität") zu sehr verschieden empfundenen Stufen – anfangs groß, nach drei Halbierungen der Intensität der Urfarbe Grün kaum noch wahrnehmbar.
Genau so regelmäßig bzw. organisch wird eine nach obiger Vorschrift hergestellte Grauskala:

                               
Rasterton
Magenta
Magenta
Flächenbe-
deckung %
Intensität
Grün in %
   0100
   50 50
   75 25
   87.512.5
 93.756.25
   96.8753.125

An diese Stelle würde doch die Behandlung einer gleichabständig empfundenen Grauskala gut passen, Empfindlichkeitsschwellen wären zu erwähnen und der in Photographie und Fernsehtechnik eine große Rolle spielende Exponent Gamma der Empfindungskurve, Stichwörter "Gamma-Korrektur", "Tonwertzunahme". Es fehlt eine sorgfältige Behandlung der empfundenen Helligkeits- und Farbabstände. Nach der Einführung der "Empfindungsquanten" ist kein Raum mehr dafür.
Hierzu gibt es noch genauere Erläuterungen.

Ist ein Farbmischkurs eine Farbenlehre?

Was dann noch folgt, ist keine Farbenlehre im umfassenden Sinn des Wortes, sondern ein sehr ausführlicher Farbenmischkurs. Die falschen Grundannahmen haben kaum Auswirkungen auf diesen praktischen Teil, weil von ihnen nicht wirklich Gebrauch gemacht wird.
Die Additive Mischung wird, wie oben besprochen, richtig beschrieben, abgesehen von der irreführenden Maßeinheit "Empfindungsquanten", die Subtraktive Mischung wird in stark idealisierter Form für die subtraktiven Grundfarben behandelt und die Mischung durch Mittelung unter den drei verschiedenen Namen Optische Mischung, Speed-Mischung und Integrierte Mischung. Schließlich noch einige Spezielfälle, sehr breit getreten und immer in Empfindungsquanten gemessen. Das alles wird angereichert durch geometrische Überlegungen und eine Fülle von Abkürzungen, mit denen er die Leser quält, und Polemik gegen die Fachwissenschaft, die ja so viel falsch macht.

Reine Farben

unique red  unique yellow  unique blue  unique green  Die Farbtöne der reinen Farben (reines Grün lässt sich auf dem Bildschirm nicht gut darstellen).
Was völlig fehlt ist die Klärung oder Erörterung der Frage, warum Farben, die nicht mit seinen Grundfarben übereinstimmen, als "rein", "ungemischt" empfunden werden, die Urfarben im Sinne von Ewald Hering. Es wird uns eingehämmert, dass wir Violettblau und Orangerot als Urfarbe zu empfinden haben, von der Grundempfindung Blau oder Rot ist nirgends die Rede. Stattdessen gibt es nur Polemik gegen alle, die versuchen, herauszufinden, warum das so ist. Aber warum eigentlich empfinden alle Menschen (außer Küppers) Cyanblau und Magentarot nicht als ebenso "grundfarbig" wie Gelb? Man kann Cyan als grünliches Blau beschreiben, bei Goethe finden wir die Bezeichnung Blaurot für die heute Magenta genannte Farbe – aber wer würde auf die Idee kommen, statt Gelb Grünrot oder Rotgrün zu sagen?

Unverständliches?

In den Schlußbetrachtungen (Logik der Farbe) geht es um das "Dilemma" der Farbwissenschaft. Man lese und staune:
Als im Jahre 1931 das CIE-System entwickelt worden war, mag man die Formel x + y + z = 1 durchaus als genial angesehen haben. Mit ihrer Hilfe hatte man die Buntverteilung des Farbenraumes auf der Fläche des Spektralfarbenzuges angeordnet.
Diese Formel ist aber ein folgenschwerer, ja man möchte fast sagen ein säkularer Irrtum gewesen. [...]
Die Formel ist deshalb falsch, weil [...]
Da gibt es drei Größen X, Y und Z. Man definiert x = X/(X+Y+Z), y = Y/(X+Y+Z) und z = Z/(X+Y+Z). Zählt man x, y und z zusammen, ergibt sich ... Die Formel stimmt doch! Genial!
Unverständlich erscheint die Verwendung von mathematischen Primärvalenzen im CIE-System. Eines ist doch offensichtlich, und zwar seit Thomas Young: Wenn die drei-Komponenten-Theorie richtig ist, muß ein wissenschaftliches Ordnungssystem dieser Tatsache Rechnung tragen. Das ist beim CIE-System aber nicht der Fall.
[...]
Die Konsequenz der Drei-Komponenten-Theorie kann nur ein System mit drei direkten Vektoren sein. Diese müssen den Urf entsprechen. Nur dann kann die Farbmetrik so genau sein wie ein visueller Vergleich.
Aber in der Farbmetrik werden doch drei Primärvalenzen verwendet, und kann man nicht von einem Satz Primärvalenzen auf einen anderen umrechnen?
Es bleibt unverständlich, wie überhaupt jemand die Anordnung des Spektralfarbenzuges als eine befriedigende Lösung betrachten konnte. Einerseits werden die monochromatischen Spektralfarben auf dem Kurvenzug untergebracht, andererseits werden die Purpurfarben "hineingeschummelt".

Hätte Küppers die Normfarbtafel lieber durch sein Unbuntart-Sechseck ersetzt? Wie man damit auf die Nase fallen kann, wird hier gezeigt.

x-y-Diagramm mit Spektralfarbenzug     Unbuntart-Sechseck
Das CIE-x-y-Diagramm mit Spektralfarbenzug, Purpurgerade und einem Vergleich zweier Farbbereiche: sRGB (bunt) und Adobe-RGB (1998) (ausgezogenes Dreieck). (Siehe auch Farbe für den Bildschirm".) Küppers' Unbuntart-Sechseck (hier mit der Unbuntart Weiß) mit den sechs bunten Grundfarben an den Ecken

Vielleicht hätte er sich einmal die Mühe machen sollen, die Farbkoordinaten der Spektralfarben und der Purpurfarben zu bestimmen, oder zumindest nachzulesen, wie man auf den Spektralfarbenzug kommt und warum im CIE-System "mathematische" Primärvalenzen verwendet werden. Vielleicht wäre dann nicht so vieles unverständlich geblieben.
Meine Perspektive ist die des Experten für Bildreproduktion, für Mehrfarbendruck, für Mischprozesse von Farbmitteln und für didaktische Farbenlehre
schreibt Küppers in seiner Entgegnung auf meine Kritik. Anscheinend gibt es einen großen Unterschied zwischen der didaktischen Farbenlehre und der Wirklichkeit – aber könnte man die Farbenlehre nicht auch vermitteln ohne die experimentellen Befunde über den Gesichtssinn verfälschend zu vereinfachen? Dass die schematischen Vereinfachungen durchaus Auswirkungen haben, wird in den Erläuterungen 4 noch genauer gezeigt.

Fazit

Eigentlich müsste sich die Farbmetrik auf eine völlig neue Basis stellen. Die angenommenen Maxima der Empfindlichkeit der drei Zapfentypen müssten geändert, optimiert werden. Und man müsste sich von der RGB-Ideologie trennen und den Erkenntnissen der neuen Küppers-Farbenlehre Rechnung tragen
schreibt Küppers auf seinen Internetseiten.
Was sind denn die Erkenntnisse der neuen Küppers-Farbenlehre?
Er lehnt die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Forschung über den Gesichtssinn und die Farbmetrik ab, weil sie nicht mit seinen Vorurteilen übereinstimmen. So entgeht ihm, dass der Kenntnisstand der Wissenschaft schon zur Zeit der Entstehung seiner Farbenlehre seinen Einsichten weit voraus war. Die Farbmetrik war nie auf Vermutungen angewiesen, sondern basiert auf experimentellem Datenmaterial, was Küppers nicht wahrhaben will. Insbesondere wurden keine Annahmen über die Lage der Maxima der Zapfenempfindlichkeiten gemacht.
Mit "RGB-Ideologie" ist vermutlich die Vorstellung gemeint, dass man für Farbfernsehen und Bildschirme nur die drei Primärfarben Rot, Grün und Blau braucht. Funktioniert aber eigentlich doch gut!
Das Zitat geht so weiter:
Die physikalische Analyse des Farbreizes müsste in der elektronischen Synthese zu einem Code mit vier Werten führen, die sich auf die Teilmengen der vier Grundfarben beziehen, welche maximal an der Zusammensetzung einer Farbnuance beteiligt sein können. Nur dann könnte man problemlos "colormanagement" bewerkstelligen.
Der Code mit vier Werten, den Küppers meint, besteht in Wirklichkeit nur aus drei Werten, denn die Summe der vier Werte ist immer 1 (bzw. 100%). Diese Werte lassen sich aus den drei Zahlen X, Y und Z, die die Farbmetrik liefert, ausrechnen. Dazu braucht es keine neuen Erkenntnisse und keine neue Basis der Farbmetrik.

Der Wert der in den CIE-Normen zusammengeführten Forschungsergebnisse für die technische Entwicklung auf allen Gebieten, die mit Licht und Farbe zu tun haben, kann gar nicht hoch genug veranschlagt werden. Digitalphotographie, Scanner, Fernsehen und Bildschirme seien als hervorragende Beispiele genannt.

Von Küppers aber kommen Äußerungen wie die folgenden:

Der CIE-Lab-Farbenraum ist eine primitive Ordnung der Farbnuancen.
[...]
Die Absurdität der Farbmetrik erkennt man schon an der Behauptung, man könne 16,7 Millionen Farbnuancen darstellen.
Will man kontinuierliche Farb- oder Helligkeitsverläufe wiedergeben können (was für die Photographie sehr wichtig ist), so dürfen die Stufen zwischen benachbarten Nuancen nicht mehr wahrnehmbar sein. Niemand hat je behauptet, so viele Nuancen unterscheiden zu können, aber sie darstellen zu können ist wichtig.
Die neue Küppers-Farbenlehre wird heute an Universitäten, Gewerbeschulen und allgemein bildenden Schulen gelehrt.
Tja, was soll man davon halten?

Hier noch einmal die Links zu den ausführlicheren Erläuterungen einzelner Punkte:
Farbmaßzahlen und Tonwertzunahme
x-y-Diagramm oder Farbensechseck?
Die Goldfischkurven
Ein didaktisches Utopia

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